Erfurt. Wo 1933 Bücher verbrannt wurden, soll im Egapark ein Ort des freien Denkens und Sprechens entstehen. Am Dienstag beginnt die Veranstaltungsreihe „Bücher aus dem Feuer“.

Wo heute im Egapark zwischen Mainzpavillon und Gartenbaumuseum Pflanzen sprießen, war vor 91 Jahren ein Sportplatz. Hier flogen im Jahr 1933 die Bücher vieler fortschrittlicher Autoren ins Feuer. Es brannten Texte von Brecht, Kästner, Tucholsky und anderen Autoren.

Diesen Ort der Bücherverbrennung möchten die „Omas gegen Rechts“ sichtbar werden lassen, ohne dabei in die Strukturen der Ega einzugreifen. Er soll ein Ort des freien Denkens und Sprechens werden. Fünf kegelartige Lautsprecher im Boden und 28 in das Pflaster eingelassene Drucklettern sollen den Platz nah der Cyriaksburg definieren und nicht nur zu Gedenktagen, sondern dauerhaft die Auseinandersetzung mit dem Geschehen vor 91 Jahren ermöglichen: mit Informationen, die sich per QR-Code abrufen lassen und mit Texten aus verbrannten Büchern, die von jungen Spielern der Schotte eingelesen wurden und die per Audioaufnahmen hörbar sein sollen.

Gabriele Wölke-Rebhan von den Omas gegen Rechts.
Gabriele Wölke-Rebhan von den Omas gegen Rechts. © Birgit Kummer | Birgit Kummer

Einsatz für Demokratie, Toleranz und Gleichberechtigung

„Zeitzeugen werden immer weniger. Wir wollen vor allem der jungen Generation begreiflich machen, welche Schandtat diese deutschlandweiten Bücherverbrennungen waren und was nach ihnen folgte.“ Das sagt Gabriele Wölke-Rebhan, eine der Omas gegen Rechts. Die Erfurterin ist vielen von früher als engagierte Einzelhändlerin bekannt. Bei den Erfurter „Omas“ war sie Gründungsmitglied. Die überparteiliche Initiative, die deutschlandweit tausende Mitglieder hat, setzt sich für Demokratie, Toleranz und Gleichberechtigung ein, kämpft gegen Rechtsradikalismus und Faschismus.

„Deshalb sind wir öffentlich sichtbar, sagen unsere Meinung, gehen gegen Resignation und Phlegmatismus an“, so beschreibt es Gabriele Wölke-Rebhan. Sie habe nicht gedacht, dass es im Jahr 2024 dafür so viel Courage brauche. Die Omas und Opas beteiligen sich an vielen Projekten. Alle 14 Tage stehen sie am Angerbrunnen, machen auf sich aufmerksam, wollen diskutieren – und müssen dabei viel aushalten, auch verbale Beleidigungen und Bedrohungen. „Ihr seid die Ersten, die wir abräumen“, wurde ihnen neulich entgegengeschleudert. „Wir sind zäh“, entgegnet sie. „Sich wegzuducken bringt nichts.“ Den Satz „Gut, dass ich alt bin und die Zukunft nicht mehr erleben muss“, den will sie nicht gelten lassen.

Miteinander der Generationen

„Wir wissen, dass Zivilgesellschaft aus uns allen besteht. Und dass wir ein Miteinander der Generationen brauchen. Was wir in unserer Zusammenarbeit mit jungen Leuten erleben, das lässt uns optimistisch sein.“ Sie verweist auf die von den Omas gegen Rechts vor vier Jahren angestoßene Initiative „Bücher aus dem Feuer“, an der inzwischen viele Akteure mitarbeiten: das Jugendtheater Schotte, die Erfurter Herbstlese, die Stadt- und Regionalbibliothek, das Evangelische Ratsgymnasium, der Thüringer Landtag und der Erinnerungsort Topf und Söhne. Auch mehrere Stiftungen engagieren sich. In diesem Jahr beginnt die Veranstaltungsreihe am Dienstag (7. Mai) 15 Uhr mit einer Konzertlesung im Erinnerungsort Topf und Söhne am Sorbenweg – zum Gedenken an mehr als 100 Erfurter, die Anfang Mai 1942 deportiert und später ermordet wurden. Es folgen in den Wochen bis Ende Juni Lesungen, Konzerte und Diskussionsrunden.

Auch für den Denkort im Egapark hat sich Gabriele Wölke-Rebhan mit ihren Mitstreitern vehement eingesetzt. Dass es dazu seit September vorigen Jahres einen Stadtratsbeschluss gibt, macht ihr Mut. Jetzt kümmert sich die Initiative um Förderanträge, sammelt Spenden und vergibt Patenschaften für einzelne Buchstaben. Sie sollen den Schriftzug bilden: „Denkort Bücherverbrennung 1933“.

Mehr dazu steht auf der Website omas-gegen-rechts-erfurt.de